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European Shepherd Network
Liebe Freunde,
Liebe Schäfer und Landwirte,
Die Herden haben die hochgelegenen Weiden verlassen und bereiten sich auf den Winter vor. In Paris hat der Klimagipfel stattgefunden, dessen Ergebnisse aller Voraussicht nach nicht ausreichen werden, die globale Erwärmung auf einem verträglichen Level zu halten. Trockeneres Wetter, häufigere Dürren und ins Ungleichgewicht geratene Ökosysteme sind längst Wirklichkeit geworden. Auf der ganzen Welt sind Landwirte als Erste von der Erderwärmung betroffen. Während Agrarkonzerne aufgrund von Intensivlandwirtschaft und dem Einsatz von Chemikalien einen großen Anteil an Treibhausgasemissionen haben, bietet der Agropastoralismus einen Weg hin zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft, die alle Menschen ernähren kann und gleichzeitig die Umwelt schont. Schluss mit diesem Produktivismus, der uns in eine Sackgasse führt! Transhumanz, Nomadentum und extensive Tierhaltung sind nicht nur nachhaltige Praktiken, sondern zeugen darüberhinaus von kultureller Vielfalt und uralten Traditionen aus allen Teilen der Welt. In diesen Zeiten des selbstdienlichen Extremismus eröffnen die Schäfer eine Weltsicht, die auf Werten wie Offenheit und Anpassungsfähigkeit sowie einer symbiotischen Beziehung zur Natur basiert. Deshalb wirbt der ESN für den Erhalt des Pastoralismus und die Lebensweise der Schäfer, in Europa sowie international, als regionale Vertretung der World Alliance of Mobile Indigenous Peoples (WAMIP). In Übereinstimmung mit dem Aktionsplan, den unsere Mitgliedsorganisationen im Juni in Koblenz beschlossen haben, arbeiten wir auf ein internationales Treffen zum Thema Prädation im nächsten Jahr hin. Zunächst gibt es hier aber einige Neuigkeiten aus der Schäferwelt des Herbstes.
— Das ESN‐Team
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Deutschland
Öffentliche Debatte zur Wolfsproblematik
Am 10. Oktober veranstaltete die ESN‐Mitgliedsorganisation Bundesverband Berufsschäfer (BVBS) in Bettenfeld in Rheinland‐Pfalz den Workshop „Zäune gegen Wölfe“.
Die anwesenden Schäfer diskutierten ausgiebig das Thema Wölfe und Wolf-Management-Pläne in Deutschland, welche die Bereitstellung von Geldern für Schutzmaßnahmen und Kompensationen für Gebiete vorsehen, in denen Wölfe leben.
In einer öffentlichen Stellungnahme erklärte der BVBS, die Wolfbestände in Europa hätten sich soweit erholt, dass diese Tierart nicht länger vom Aussterben bedroht sei, daher sollten Wölfe nicht mehr unter das internationale Artenschutzabkommen fallen. Obwohl es bereits Regelungen zur Beseitigung von Wölfen gibt, die sich wiederholt Siedlungen oder Kindergärten nähern, warnt der BVBS, die Zähmung und Fütterung von Wölfen müsse grundsätzlich vermieden werden, damit sie ihre Scheu vor dem Menschen nicht verlören. Ebenso gelte es, die Kreuzungszucht von Mischlingen zu verhindern, da die Folgen eines solchen illegalen Handels absolut nicht zu ignorieren seien.
Die samische Region
Jubiläum des Internationalen Zentrums für Rentierhaltung und der weltweiten Vereinigung der Rentierhirten
Im November feierten das Internationale Zentrum für Rentierhaltung (ICR) und die weltweite Vereinigung der Rentierhirten (Association of World Reindeer Herders, WRH) in Jakutsk ihr Jubiläum – das 10-jährige beim ICR und das 25-jährige beim WRH. Im Rahmen der Feier fand ein Seminar statt und Teammitglieder des ICR und WRH reisen nach Tscherski, einer kleinen Siedlung in der Republik Sacha im Nordosten Russlands, wo Treffen mit Rentierhirten am Arctic College und ein einwöchiger Schwerpunkt zum Thema traditioneller Ernährung mit Bezug zum EALLU‐Projekt geplant sind.
Das EALLU‐Projekt “Reindeer Herding Youth, Adaptation to Climate Change and Food Culture” wurde von der Arbeitsgruppe für nachhaltige Entwicklung des Arktischen Rats zum Abschluss des kanadischen Vorsitzes 2015 ins Leben gerufen. EALLU, ein samisches Wort, bedeutet übersetzt „Herde”. Das EALLU‐Projekt zielt darauf ab, die Nahrungskultur der Rentierhirten im Hinblick auf traditionelles Wissen, Anpassung an den Klimawandel und die Rolle der Jugend zu erforschen; EALLU umfasst dabei wissenschaftliche Arbeit, Weiterbildung, Seminare und die Nahrungskultur ganz Eurasiens. Das Projekt basiert auf der Idee, dass das Engagement der jungen indigenen Generation ebenso wie traditionelles Wissen die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft in der Arktis bilden.
Spanien
Der Kampf der Hirten für den Verbleib von Waldweiden in der GAP‐Förderung
Nachdem das ESN‐Mitglied FEP, der Verband spanischer Schäfer, eine Petition angestoßen hatte, um Waldweiden weiterhin bei der Vergabe von GAP‐Fördermitteln zu berücksichtigen, wurde nun gemeinsam von der spanischen Plattform für extensive Herdenhaltung Spanien Der Kampf der Hirten für den Verbleib von Waldweiden in der GAP‐Förderung 2 und Weidewirtschaft und dem Europäischen Forum für Naturschutz und umweltschonende Landnutzung (EFNCP) ein umfassender Bericht veröffentlicht, in dem die Argumente der europäischen Wirtschaftsprüfer und der spanischen Behörden für die Einschränkung der Zahlungsmittel für diese Flächen widerlegt werden.
Tausende spanische Landwirte erfahren Reduzierungen oder gar Einstellungen von Zahlungen für bisher förderberechtigte Weideflächen, die sie seit Jahren nutzen. Die einseitige Entscheidung der spanischen Behörden ist die Folge von Prüfungen der Europäischen Kommission, die bereits seit mehreren Jahren im Rahmen des ersten Pfeilers der GAP die Reduzierung von direkten Zahlungen für Weideflächen mit höheren Baum‐und Strauchanteilen fordert. Um die Sanktionen der Kommission zu bewältigen, schränkt Spanien nun die Förderberechtigung von Waldweiden drastisch ein.
Im „Bericht zur Berechtigung der spanischen Waldweiden für direkte Zahlungen der GAP“ werden die technischen und wissenschaftlichen Grundlagen dieser Entscheidungen in Frage gestellt. Außerdem wird enthüllt, dass der Ausschluss von Waldweiden den neuen europäischen Vorgaben nicht entspricht, da diese lediglich unbeweidete Wiesen von Zahlungen ausschließen.
Vor einigen Monaten konnte dank der starken Mobilisierung von Hirten‐Basisorganisationen wie dem FEP eine Petition mit Unterschriften von 60 Organisationen an Jerzy Bogdan Plewa, den Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission, übergeben werden, um ihn über die von seinen Prüfern verursachten Probleme zu informieren.
Photo © Francisco Marquez
In anderen Teilen der Welt
Mongolei: Regierung und OIE arbeiten Hand in Hand für den Schutz des Pastoralismus
Nach dem Besuch des mongolischen Präsidenten Tsakhia Elbegdorj im November erklärte Bernard Vallat, Generaldirektor der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE ), in einer aktuellen Pressemitteilung, die OIE wolle die Verbesserung tierärztlicher Dienste und den Schutz des Pastoralismus in der Mongolei unterstützen. Dazu werde 2016 eine hochrangige Konferenz zum Thema Pastoralismus und nomadische Lebensweise unter der Schirmherrschaft des mongolischen Präsidenten und der OIE stattfinden.
Die Hirtenkultur der Mongolei blickt auf eine lange Tradition zurück. Die traditionellen Bauerngemeinschaften haben ein enorm umfangreiches Wissen angesammelt, was die Haltung ihrer Nutztiere (hauptsächlich Yaks) angeht. Heute ist diese Lebensart von den gleichen Gefahren bedroht, denen sich Hirten auf der ganzen Welt gegenüber sehen. Ein wichtiges Ziel der Zusammenarbeit besteht darin, mithilfe verbesserter tierärztlicher Versorgung die Widerstandskraft der mongolischen Hirtengemeinschaften und ihres traditionellen Wissens, das zum Erbe der Menschheit gehört, zu stärken
Deutsche Übersetzung von Katharina Staab und Korrektur von Anke Reckermann innerhalb der PerMondo Initiative. Das Projekt wird mit Hilfe von der Übersetzungsagentur Mondo Agit geleitet.