Wir sind Schäfer aus ganz Europa: aus der arktischen Tundra, von den atlantischen Inseln, aus dem Mittelmeerraum, vom Schwarzen Meer, aus den Ebenen und von den Deichen Nordeuropas, sowie den Gebirgsregionen der Alpen und Karpaten. Wir repräsentieren eine Vielfalt von Hirtenkulturen: Kleinbauern, Wanderschäfer, Nomaden und andere Formen der extensiven Tierhaltung. Wir halten Schafe, Kühe, Ziegen und Rentiere – oft Haustierrassen, die angepasst an ihren heimatlichen Lebensraum entstanden sind.
Die Hirtentradition macht Europa zu einem besseren Ort.
Wir repräsentieren Leistungen für Kultur, Gesellschaft, Umwelt, gesunde Ernährung und Wirtschaft:
- Unsere Wertschöpfung besteht in der Erzeugung hochwertiger Produkte für den Verbraucher: Fleisch, Milch, Käse, Wolle und Fell.
- Wir schützen die Umwelt durch den Erhalt von wertvollen Ökosystemen, in denen bedrohte Pflanzen und Tierarten leben. Wir verhindern die Ausbreitung von Waldfeuern und reduzieren das Risiko ihres Ausbruchs. Wir nutzen Gebiete, die nicht für konventionelle Landwirtschaftsformen geeignet sind. Beweidung bindet CO2 im Boden und wirkt dem Klimawandel entgegen. Unser Erbe erhält natürliche Ressourcen für zukünftige Generationen.
- Unsere Beiträge zur Gesellschaft sind unter anderem: Die Erzeugung von Nahrungsmitteln und anderen hochwertigen Produkten, attraktiven Landschaften, die Unterstützung der lokalen Wirtschaft, die Minderung der Landflucht in kargen Gebieten und im Gebirge, den Erhalt sowie die Bereicherung der Lebensqualität in ländlichen Räumen für ihre Bewohner und den Tourismus.
- Wir bewahren ein reiches kulturelles Erbe und erhalten althergebrachte Fertigkeiten und tradiertes Wissen. Unsere Kulturen umfassen materielles und immatrielles Erbe der Nahrungsmittelerzeugung und Tierhaltung. Es erhält die ländliche Gesellschaft und bietet jungen Menschen Einkommensmöglichkeiten sowie ein sinnreiches und werteorientiertes Leben. Unsere Erzeugungsweise ist einzigartig und unterscheidet sich von der intensiven Landwirtschaft.
Hirten in Gefahr
Unsere Lebensweise existiert seit Urzeiten und hat sich im Einklang mit der Landschaft entwickelt. Sie steht im Herzen der europäischen Kultur; aber sie ist von der erzwungenen Industrialisierung der Tierhaltung bedrohter als jemals zuvor:
- Unsere kulturelle Vielfalt ist in Gefahr. Unsere Identität als Hirten wird durch politische Entscheidungen ausgehöhlt , die uns kaum wahrnehmen, nicht verstehen oder uns vollständig übersehen. Wir verlieren unsere Freiheit und die Fähigkeit, unsere traditionellen Systeme zu erhalten.
- Ungenügendes Einkommen und fehlende politische Anerkennung zwingen junge Hirten in einigen Regionen, ihre Lebensweise aufzugeben oder intensive Landwirtschaft zu betreiben. Für junge Leute ist es oft schwierig Zugang zu Land zu erhalten.
- Wir verlieren Weideflächen durch konkurrierende Landnutzung und Fragmentierung: Infrastrukturentwicklung, Energiewirtschaft, Bergbau, Naturschutzgebiete, Tourismus, Energiepflanzen, intensive Landwirtschaft, Forstwirtschaft … Dadurch wird insbesondere der Erhalt der Wandertierhaltung immer schwieriger.
- Unsere Identität wird durch Großerzeuger und die Agrarindustrie bedroht. Sie ahmen unsere Erzeugnisse nach und versuchen sie durch minderwertige industrielle Produkte zu verdrängen. Dies erschwert es, unsere Produkte am Markt differenziert zu platzieren und Preise zu erzielen, die ihrer hohen Qualität angemessen sind. Aufgrund der höheren Kosten unserer natürlichen Erzeugungsweise können wir nicht mit der intensiven Landwirtschaft konkurrieren. In einigen Gebieten sind die Kosten für den Zugang zu privaten Weideflächen unbezahlbar geworden.
- Die symbiotische Beziehung von Hirten und Natur ist in Gefahr, nicht nur durch falsche politische Entscheidungen, sondern auch durch die fehlende Beteiligung der Hirten an der Entscheidungsfindung. So zum Beispiel: Die Schaffung und Verwaltung von Naturschutzgebieten ohne die Anhörung von Hirten. Wir wollen an der Ausweisung und Pflege von Naturschutzgebieten beteiligt werden.
- Die politisch gewollte Rückansiedlung vieler Beutegreifer schädigt unsere Herden. Der daraus entstehende wirtschaftliche Schaden wird oft nicht anerkannt und in der Regel nur ungenügend ersetzt. Insbesondere die rechtsverwertbare Dokumentation dieser Schäden ist schwierig. Wir möchten mit Natur- und Tierschützern zusammenarbeiten, um Angriffen vorzubeugen, die Bestände der Beutegreifer zu kontrollieren und Schadensersatzregelungen zu finden.
- Ländliche Gemeinschaften werden oft kaum oder sogar überhaupt nicht an politischen Entscheidung beteiligt. Obwohl wir das Land schon immer bewirtschaftet haben, werden nicht in Entscheidungen über die Nutzung des Landes eingebunden. Dies geschieht auf allen Ebenen: lokal, regional, national und europäisch. In der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union sind die besonderen Bedürfnisse und Leistungen der Hirten nicht berücksichtigt. Daraus entstehen den Hirten wirtschaftliche Nachteile. Die Verwaltungsvorschriften zielen auf die Kontrolle von intensiven Tierhaltungssystemen. Sie belasten dadurch die extensiv erzeugenden Hirten mit unnötiger sowie erdrückender Büroarbeit.
Unsere Ziele
Wir bekämpfen diese Entwicklungen. Durch fortlaufende Innovation und Entwicklung erhalten wir unsere Lebensweise. Wir passen unsere Tiere und uns an die sich verändernden Gegebenheiten an. Wir versuchen Bewusstsein für unsere Produkte zu wecken und sie direkt an den Konsumenten zu verkaufen. Wir nutzen die neuen Medien, um unsere Traditionen bekannt zu machen und pflegen sie durch Feste. Einige von uns haben öffentliche Aufträge: zur Brandvorbeugung, in der Landschaftspflege und für andere Leistungen im Umwelt- und Naturschutz. Wir sind Botschafter des ländlichen kulturellen Erbes und der naturnahen Landwirtschaft.
In ganz Europa haben wir begonnen uns in Verbänden zu organisieren sowie in regionalen Netzwerken zusammenzuschließen, die auf europäischer und internationaler Ebene anerkannt werden.
Wir sind bestrebt die Interessen lokaler Erzeuger zu schützen und unsere Interessenvertretung zu stärken. Wir etablieren Forschungszentren, arbeiten mit wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen, sorgen für die Ausbildung unserer Jugend und unserer Fähigkeiten.
Wie können Entscheider helfen?
Wir appellieren an die Regierungen und Entscheider auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene:
- Die Besonderheiten der Hirten und ihrer Leistungen anzuerkennen sowie traditionell handwerkliche Erzeugungsverfahren von Lebensmitteln bei der Gestaltung von Gesetzen zu berücksichtigen.
- Die Ertragskraft der Hirten zu stärken, die regionalen Märkte zu entwickeln, innovative Vermarktungssysteme zu unterstützen und eine besondere Kennzeichnung für die Erzeugnisse der Hirten zu schaffen.
- Die wirksamen Techniken der Hirten in der Züchtung und in der Tierkennzeichnung anzuerkennen.
- Einen Handlungsplan und Methoden zur Dokumentation des kulturellen Erbes der Hirten zu schaffen, insbesondere ihres Wissens und ihrer Fertigkeiten.
- Die Hirten in politische Entscheidungen miteinzubeziehen, wenn ihre Weidegebiete und Wirtschaftsgebiete betroffen sind.
- Die Zusammenschlüsse von Hirten in ganz Europa als Partner anzuerkennen und zu unterstützen, damit sie ihre Mitglieder vertreten und den hier beschlossenen Aktionsplan umsetzen können.
- Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik enthält immer noch falsche Annahmen über pastorale Erzeugungssysteme, unter deren Folgen wir seit Jahren leiden. Weideflächen sind subventionsberechtigt. Viele traditionell durch Beweidung bewirtschaftete Grünlandflächen sind von den Direktzahlungen ausgeschlossen, genauso offene Wälder und steinige Flächen auf denen Beweidung von besonderer ökologischer Bedeutung ist. Genauso wird der Wert der Brandvorbeugung durch Beweidung nicht anerkannt. Hirten leisten viele Beiträge im Natur- und Umweltschutz, die wirtschaftlich nicht honoriert werden. Oft sind sie dabei nicht zu ersetzen. Dieser Regelungen sollten zusammen mit den Hirten überarbeitet werden. Insbesondere die Sanktionen bei der Verletzung von Cross-Compliance Vorschriften sollten überdacht werden.
- Der Verlust von Weideland und das Land-Grabbing müssen genauso aufgehalten werden, wie die Behinderung der Freizügigkeit von Herden. Wir unterstützen die Schaffung und den Schutz eines europäischen Netzwerkes transhumaner Wanderrouten.
Unterzeichnerorganisationen
Associazione dei pastori transumanti del Triveneto, Italien
Associazione Regionale Produttori Ovicaprini, Abruzzo, Italien
Asociația Transhumanța, Rumänien
Bulgarian Biodiversity Preservation Society Semperviva, Bulgarien
Bundesverband Berufsschäfer, Deutschland
Centrum Produktu Regionalnego, Polen
Collectif des Races locales de Massif, Frankreich
Collectif pour la Liberté de l’élevage, Frankreich
Cooperativa Terra Chã, Portugal
Ένωση Μετακινούμενων Κτηνοτρόφων Ηπείρου (Association of Pastoral Farmers of Epirus), Griechenland
European Shepherd Network
Federación Estatal de Pastores, Spanien
International Centre for Reindeer Husbandry
Landelijke Werkgroep Professionele Schapenhouders, Niederlande
Finnish Saami Reindeer Herding Organization, Finnland
Red de Pastores de Catalunya, Spanien
Shetland Animal Health Schemes, UK